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Im Einklang mit den Elementen

Ziegenbeweidung über Kamp-Bornhofen

Das Obere Mittelrheintal lässt kaum vermuten, dass hier einst ein Ozean die Region bedeckte. Zeit, Wasserkraft und die Kräfte der Erde schufen über Jahrmillionen dieses unverwechselbare Tal, wie es sich heute dem Besucher präsentiert. Ein Zeugnis spannender Erdgeschichte, wo sich eine seltene und äußerst artenreiche Flora und Fauna angesiedelt hat. Die Sonne meint es gut mit den Rheinhängen, und der Fluss selbst wirkt als Wärmespeicher.

Beste Voraussetzungen für viele kleine und große Naturschutzgebiete, für Gegenden, die sich sogar Europareservat nennen dürfen. Eine überaus reiche Natur- und Kulturlandschaft, die jedem Besucher gerne ihre grüne Seite zeigt.

Geologie

Vom Ozean zur Loreley. Ein Meer bedeckte vor rund 400 Millionen Jahren das heutige Mittelrheingebiet. Vor 325 Millionen Jahren, an der Wende zum Erdzeitalter des Karbon, kam es zu einer Erdplatten-Kollision, die den Ozean vollständig verschwinden ließ. Es formte sich ein Gebirge, das sich je nach Stärke von Druck und Hitze aus unterschiedlichen Gesteinen zusammensetzt.

Hauptsächlich Tonschiefer, Sandsteine– sogenannte Grauwacken – und Quarzite bestimmen bis heute die Geologie. Die Gesteine wurden zusammengeschoben und aufgefaltet, was man an vielen Felshängen, wie zum Beispiel an der Loreley, am Spitznack oder auch bei Boppard gut erkennen kann. In nachfolgenden Zeitaltern verwitterte das Gebirge und es entstand eine flache Landschaft. Der Rhein erscheint zum ersten Mal als kleines Rinnsal vor rund 25 Millionen Jahren. Der heutige Rheinlauf entwickelte sich erst in den vergangenen 2,5 Millionen Jahren. Eiszeiten bescherten ein raueres Klima, und tektonische Bewegungen führten zu abwechselnden Ruhe- und Hebungsphasen. Viel Wasser und Geröll flossen von den Gletschern des Alpenraums und führten zu den bis heute so beeindruckenden Einschnitten des Rheins. Die steilen Talhänge (Canyon) liegen etwa bei 70 bis 200 Meter über dem Meeresspiegel und entstanden während der Eiszeiten der letzten 700.000 Jahre.

Klima

Hier ist die Sonne zu Hause. Das Mittelrheintal gehört zu den wärmsten Gebieten Deutschlands. Im Regenschatten des Hunsrücks gelegen, ist der Niederschlag gering. Die trockensten Bereiche befinden sich zwischen St. Goar und Lorch mit nur rund 550 – 600 mm Niederschlag im Jahr. Wärme und Niederschlagsmenge bestimmen Flora und Fauna am Mittelrhein. Die Apfelblüte beginnt circa zwei bis drei Wochen früher als in den Höhenlagen des Hunsrücks und des Taunus. Einen besonderen Einfluss auf das Klima besitzt auch die Topografie des Rheintals: die starke Neigung der Landschaft und viele südlich exponierte Hänge mit hoher Sonneneinstrahlung wirken wie ein Wärmespeicher. Das dunkle Schiefergestein intensiviert diesen Effekt noch.

Die Wasser des Rheins wirken zusätzlich ausgleichend und erwärmend. Die

regulierende Wirkung ist gerade in Herbst, Winter und Frühjahr spürbar.

Weiße Schneelandschaften sind am Mittelrhein nie von langer Dauer und treten in machen Jahren gar nicht in Erscheinung. Auch Fröste fallen hier viel geringer aus als in den nahen Höhenlagen. Die Gegend ist daher ideal für Weinbau, aber auch Kirschen, Pfirsiche, Aprikosen, Feigen und Kiwis gedeihen sehr gut.

Landschafts-und Nutzungsgeschichte

Bis auf die Felsbereiche sind alle Biotope eine durch Menschen beeinflusste

Kulturlandschaft. An den Südhängen finden sich bis heute Bezirke einstiger

Eichenwälder, an den übrigen Hängen buchenreiche Wälder, wie auch Linde

und Ulme an den nördlichen Ausläufern. Die Felsen und ihre Umgebung bieten Lebensraum für Wärme liebende Trockenwälder, Trockengebüsche und kleine Trockenrasen. Gesteinshalden sind Heimat einer artenreichen Ansammlung von Pflanzen und Tieren. Seit der Römerzeit, aber besonders seit etwa 800 nach Christus, erfährt die Region eine stärkere Besiedlung durch Menschen. Rebflächen wurden zuerst im Talgrund angelegt. Neben Weinbau bestand eine wirtschaftliche Beweidung und Rodung der Wälder.

In den folgenden Jahrhunderten wird der Weinbau in der Region auf die

Hänge und Seitentäler ausgeweitet. Ein spürbarer Rückgang der Bewirtschaftung erfolgte erst Ende des 19. Jahrhunderts in Folge der Reblausplage. Viele ehemalige Weinbergsflächen wurden in Obstbauflächen(vor allem Süß- und Sauerkirschen) umgewandelt. Bis circa 1960 wurde der erwerbsmäßige Obstbau aufgrund des hohen Aufwands im Anbau am Mittelrhein fast vollständig aufgegeben. Die ursprünglich selteneren Trockenbiotope vergrößerten sich dadurch und bieten bis heute für viele Tier- und Pflanzenarten wertvolle Refugien. Besonders die zunehmende Verbuschung (Wiederbewaldung) bedroht jedoch die Trockenbiotope. Durch extensive Nutzung wird das Ziel verfolgt, diese Flächen offenzuhalten.

Tiere und Pflanzen

Rund ein Drittel aller in Deutschland nachgewiesenen Tier- und Pflanzenarten

haben sich hier angesiedelt. Viele Arten stammen ursprünglich aus dem

Mittelmeergebiet oder aus den Steppen Südosteuropas und sind während wärmerer Perioden nach der letzten Eiszeit über südlich, südwestlich und südöstlich verlaufende Flusstäler eingewandert. Rauer werdendes Klima ließ sie nur in den warmen Gebieten des Mittelrheintals überleben. Viele Arten erreichen hier und an der Mosel ihre Nordoder Nordwestgrenze ihres Vorkommens. Zur spezifischen Fauna gehören unter anderem die Smaragdeidechse, die Rotflüglige Ödlandschrecke, Segelfalter und die Gottesanbeterin. Bemerkenswerte Pflanzen stellen beispielsweise der Felsen-Ahorn, der Milzfarn, die Astlose Graslilie und verschiedene Feder-Gräser dar. Und nur hier findet sich die Bopparder Schleifenblume.

Naturschutz

Der Naturschutz ist im Oberen Mittelrheintal von hoher Bedeutung. Viele besonders wertvolle Hänge wurden unter Naturschutz gestellt und / oder haben europaweite Bedeutung (Natura 2000- Gebiete). Das Landschaftsschutzgebiet von Bingen bis Koblenz ist in weiten Teilen deckungsgleich mit dem rheinlandpfälzischen Teil des Welterbegebietes. Der hessische Teil des Mittelrheintales ist Teil des Naturparks Rhein-Taunus, der nördliche Teil des rechtsrheinischen Mittelrheintales in Rheinland- Pfalz von Bornhofen bis Lahnstein
Teil des Naturparks Nassau. Zwischen Bingen / Rüdesheim und Koblenz liegen
darüber hinaus eine Vielzahl von Naturschutz- und FFH (Flora-Fauna Habitat) -Gebieten und das Europareservat Rheinauen bei Bingen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Herrausragende Naturschutzgebiete

  • Naturschutzgebiet Koppelstein bei Lahnstein:Hier existiert die artenreiche Vielfalt von 550 Schmetterlingsarten, 20 Orchideenarten, zahlreichen seltenen Heuschrecken, Vögeln, Wanzen, Spinnen und anderen mehr.

 

  • Kamper Hang/Bopparder Hamm:Hauptvorkommen der Westlichen Smaragdeidechse am Mittelrhein.
  • Naturschutzgebiet Rheinhänge zwischen Burg Gutenfels und Loreley mit der Dörscheider Heide:Trockenwarme Lebensräume sind hier besonders reichhaltig. Es besteht ein Vorkommen von mehr als 650 Schmetterlingsarten.
  • Naturschutzgebiet Nollig und Engweger Kopf bei Lorch:Hauptvorkommen von Schmetterlingshaft, Gottesanbeterin und anderen seltenen Arten.